Streuner

Zum Theater gekommen wie ein Hund zum Knochen. Mal vor die Pfoten geworfen, mal gegen Widerstände tief danach gebuddelt. Der Streuner setzte ein paar Duftmarken im überschaubaren Revier. Lange, sehr lange streunte er durch die Landschaft, hat Katzen und Kaninchen aufgestöbert, Mülltonnen umgeworfen um einen leichten Happen zu finden. Er hat das Revier abgelaufen, es abgesteckt, versuchte auch es zu vergrössern. Den rechten Hinterlauf angehoben und in die Luft gestellt, eine Duftnote absondernd, den Rändern nach, die Nase aufgerichtet auf der Suche nach dem wahren unverwechselbaren Geruch. Er hat es auch mal in einem besseren Revier versucht. Dort hat er rumgeschnuppert, die Nase in den Wind gestellt, mal kurz ein- und schnell wieder ausgeatmet. Komische Hunde. Nichts für sein Fell. Schnell zurück ins alte Revier. Dort riecht es besser.

Auf seinen streunenden Wegen sind ihm liebevolle und kuriose KollegInnen begegnet. Gemeinsam haben sie die Nasen in massenuntaugliche Anliegen und Vorhaben gesteckt, haben gemeinsam versucht neue Reviere zu finden und abzustecken, sind gemeinsame Strecken gegangen, mit optimistischem Gebell und gewagtem Schritt. Um dann auf grossen Pfoten und kräftigen Gebell das aktuell gefundene Revier zu verteidigen. Sie haben herumgetollt, haben zusammen geheult, manchmal haben sie sich auch gebissen, zwei- dreimal sind sie nicht nur zufällig auf grosse Knochen gestossen, viel öfter aber auf kleine. Sie haben im Dreck gewühlt, sich die Schnauze gestossen, den Schwanz eingeklemmt, sich in einer warmen Ecke verkrochen. Sie haben sich das Fell und die Pfoten verbrannt und gewichtigte Doggen haben sie in den Hinterlauf gebissen. Aufgegeben haben sie aber nie.

Unterwegs sind sie noch immer. Alte Hunde. Haben ihr Revier verkleinert. Alles im überschaubaren Rahmen. Trotz Arthrose und verblassendem grauen Fell. Lieber mal im warmen und gemütlichen Körbchen zuhause. Dosenfutter. Nur noch raus bei gutem Wetter. Sie träumen noch immer von einem grossen Knochen zwischen den alten Zähnen. Träumen ist ja wohl erlaubt.